Menschliche Kompetenz und künstliche Intelligenz Future Skills als Führungsinstrumente für CEOs und VRs

Veröffentlicht
9. Juli 2025
Menschliche Kompetenz und künstliche Intelligenz - Future Skills als Führungsinstrumente für CEOs und VRs
Technologischer Fortschritt, geopolitische Unsicherheiten, Klimakrise, neue Arbeitsmodelle: Die Rahmenbedingungen für Führung verändern sich rasant. Was gestern noch galt, ist morgen schon überholt. Inmitten dieser Dynamik stehen CEOs sowie Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte vor einer zentralen Frage: Welche Zukunftskompetenzen (Future Skills) sind für uns als Menschen – und insbesondere für Führungspersönlichkeiten – relevant?

Menschliche Kompetenz und künstliche Intelligenz als Führungsinstrumente

Die beiden exklusiven Viavanta-Events für CEOs und VRs im Juni 2025 haben eindrücklich klar gemacht: Die Zukunft ist menschlich. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erlebten eine inspirierende Keynote von Dr. Arndt Pechstein und Dr. Martin Schwemmle von The Future Company. Während der anschliessenden angeregten Diskussion stand das Spannungsfeld zwischen Artificial Intelligence (AI) und Human Intelligence (HI) im Fokus – und was dies konkret für die eigene Führungsrolle bedeutet. 

KI verändert mit atemberaubender Geschwindigkeit die Spielregeln. Entscheidungen müssen schneller, komplexer und unter höherer Unsicherheit getroffen werden als je zuvor. Doch während die technologische Entwicklung exponentiell voranschreitet, bleibt unser menschliches Denken oft in linearen Bahnen gefangen. Gerade deshalb wird ein Growth Mindset – die Überzeugung, dass Fähigkeiten und Denkweisen durch Lernen und Erfahrung entwickelt werden können – zur Schlüsselkompetenz. Denn nur wer bereit ist, Altes zu hinterfragen, Neues zuzulassen und kontinuierlich zu lernen, bleibt in einer sich radikal verändernden Welt wirklich führungsfähig.

Menschliche Denkmuster vs. exponentiell voranschreitende Veränderungen.
Menschliche Denkmuster vs. exponentiell voranschreitende Veränderungen.

Future Skills sind die harte Währung zukunftsfähiger Führung:

  • Zukunftsmut: Entscheidungen treffen, auch wenn der Ausgang ungewiss ist.
  • Nebelkompetenz: Im Unklaren handlungsfähig bleiben und den ersten Schritt wagen, ohne den genauen Weg zu kennen.
  • Kritisches Denken: Bestehende Annahmen radikal hinterfragen – und auch mal bewusst widersprechen.
  • Psychologische Sicherheit: Räume schaffen, in denen offenes Denken, Fehler und ehrlicher Dialog möglich sind.
  • Experimentierfreude: Neue Ideen zulassen, ausprobieren, lernen – ohne Angst vor dem Scheitern.
  • Werte- und Sinnorientierung: Orientierung geben, auch wenn sich die Welt um einen herum verändert.
Das VUCA-Modell beschreibt die Herausforderungen der heutigen Märkte und welche Kompetenzen dafür gefordert sind.
Das VUCA-Modell beschreibt die Herausforderungen der heutigen Märkte und welche Kompetenzen dafür gefordert sind.

Selbstbild vs. Realität: Der ehrliche Blick in den Führungs-Spiegel

Über ein interaktives Tool reflektierten die anwesenden CEOs und VRs die Ausprägung ihrer eigenen Future Skills – und die Reife ihrer Führungsorganisationen. Die Ergebnisse: Ernüchternd und motivierend zugleich.

Typische Muster aus den Auswertungen und Diskussionen:

  • Zukunftsmut? Hoch ausgeprägt – die meisten Führungskräfte sehen sich als Treiber des Wandels.
  • Nebelkompetenz? Kritisch niedrig. Hier wurde deutlich: Führung im Unklaren fällt schwer. Orientierung geben, ohne selbst klare Antworten zu haben, ist eine echte Herausforderung.
  • Experimentierfreude? Zu oft blockiert durch alte Muster und Risikovermeidung.
  • Psychologische Sicherheit? Einzelne positive Beispiele, aber keine flächendeckende Verankerung.

Vor allem bei der Selbstkritikfähigkeit wurde es spürbar: CEOs und VRs hinterfragten offen, ob und wie sie selbst als Vorbilder wirken – bezüglich Transparenz, Fehlerkultur und der Bereitschaft, Unsicherheit auszuhalten.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben an den Events ihre eigene Situation bezüglich Future Skills reflektiert.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben an den Events ihre eigene Situation bezüglich Future Skills reflektiert.

Von IQ zu WeQ – Kollaboration als Zukunftskompetenz der Führungsspitze

Eines der prägnantesten Learnings aus den Events: Gelebte Zusammenarbeit im Team ist kein Nice-to-have, sondern eine entscheidende Zukunftskompetenz an der Spitze der Organisation.

In einer Welt, in der individuelles Wissen (IQ) zunehmend von KI ersetzt oder ergänzt werden kann, wird der kollektive Intelligenzquotient (WeQ) zur zentralen Währung zukunftsfähiger Organisationen.

Was bedeutet das konkret für die oberste Führungsebene?

  • Weniger Einzelkämpfer-Leadership, mehr Leadership als Team
    Zukunftsfähige Organisationen entstehen dort, wo Führungsteams gemeinsam denken, einander herausfordern, Widerspruch zulassen und gemeinsam durch Unsicherheiten navigieren.
  • Psychologische Sicherheit als Grundvoraussetzung für WeQ
    Nur in einer Kultur, in der offene Meinungsäusserung, Widerspruch und Fehler möglich sind, kann echte kollektive Intelligenz entstehen.
  • Gemeinsame Verantwortung mit klarer Richtung
    WeQ bedeutet nicht Führungslosigkeit, sondern klare Führung bei gleichzeitig maximaler Aktivierung kollektiver Kompetenzen.
  • Kultureller Hebel für Transformation
    CEOs und VRs prägen massgeblich, ob in ihren Organisationen Silodenken oder gemeinsames Zukunftsgestalten dominiert. Gemeinsames Gestalten und das Wahrnehmen von Verantwortung müssen an der Spitze beginnen, sonst bleiben sie Lippenbekenntnisse ohne Wirkung.

Future Skills auf oberster Führungsebene – die Key-Takeouts

  1. Growth Mindset beginnt an der Spitze
    Der Glaube an die eigene Entwicklungsfähigkeit und das Ausschöpfen des gesamten Potenzials der Organisation sind kein HR-Projekt. Es ist eine grundlegende Haltung. Aussagen wie «Wir haben keine Strategie dafür» oder «Das hat doch bisher auch funktioniert» sind klare Signale eines Fixed Mindset – und genau hier müssen Führungskräfte ansetzen und einen Growth Mindset fördern, indem sie Blockaden erkennen, aufbrechen und die Lernbereitschaft im eigenen Verhalten sichtbar machen.
  2. Nebelkompetenz als Führungsaufgabe
    Die Teilnehmenden waren sich einig: Führung bedeutet nicht, alle Antworten zu haben, sondern Dialogräume zu schaffen, Entscheidungen unter Unsicherheit gemeinsam zu treffen – und sie notfalls auch zu revidieren. Eine zentrale Frage aus der Diskussion ist: «Was braucht mein Team, um trotz Unsicherheit handlungsfähig zu bleiben?»
  3. Fehlerkultur – nicht als Buzzword, sondern als gelebte Realität 
    Ein Impuls aus der Veranstaltung: «Wenn bei uns keine Fehler passieren, sollten wir misstrauisch werden». Die Teilnehmenden diskutierten konkrete Mechanismen, wie sie psychologische Sicherheit stärken und Fehlerkultur leben können – vom bewussten Thematisieren von Fehlern bis hin zum offenen Umgang mit eigenen Unsicherheiten.
  4. Kulturwandel sichtbar machen
    Veränderung passiert nicht durch Strategie-PowerPoint-Präsentationen, sondern durch tägliches Vorleben. CEOs und VRs müssen selbst mutig sein, ihre eigenen Routinen hinterfragen und in die kollektive Lernfähigkeit der Organisation investieren. Kultur ist Chefsache.
  5. Von IQ zu WeQ – Kollaboration beginnt an der Spitze
    Zukunftsfähigkeit entsteht nicht durch Einzelentscheidungen im Elfenbeinturm, sondern durch kollektives Denken und gemeinsames Handeln. CEOs und Verwaltungsräte müssen Räume für Widerspruch, Perspektivenvielfalt und gemeinsames Problemlösen schaffen – und selbst vorleben, wie echte Zusammenarbeit auf Augenhöhe aussieht.

Fazit

Die Events haben gezeigt: Der Wille zum Wandel ist da. Jetzt braucht es Taten. Growth Mindset, Psychologische Sicherheit, kollektive Intelligenz und Kulturwandel beginnen an der Spitze. Wer Zukunft gestalten will, muss Unsicherheit aushalten, Widerspruch zulassen und selbst Vorbild sein. Denn eines ist klar: Technologie treibt den Wandel – ob wir wollen oder nicht. 

Ob Unternehmen reagieren oder gestalten, entscheidet sich ganz oben.

Dr. Martin Schwemmle
The Future Company

«Die Zukunft fragt nicht nach Gewissheiten, sondern nach Haltung. Wer Wandel will, muss beweglich bleiben. Nicht an alten Rezepten festhängen, sondern nach neuen Fragen suchen. Das braucht die Bereitschaft zuzugeben, etwas (noch) nicht zu wissen und sich gemeinsam mit anderen auf die Suche zu machen. Diese Haltung und Bereitschaft habe ich bei den Veranstaltungen erlebt.»

Dr. Arndt Pechstein
The Future Company

«Die Gestaltung der Zukunft beginnt im Hier und Jetzt, mit einer Standortbestimmung, einem ungeschönten Blick auf Stärken und Schwächen der Organisation. Aber genauso auf die eigene Person als Führungskraft. Was mich begeistert hat? Die Bereitschaft zur Selbstreflexion, der Mut, Veränderungspotenziale zu sehen und anzugehen und positive Beispiele, wie es gelingen kann.»

Dr. Martin Schwemmle, Wirtschaftswissenschaftler, Innovationsforscher und Kommunikationsexperte, sowie Dr. Arndt Pechstein, Neurowissenschafter, Biomimicry-Spezialist und Transformationsexperte, verbinden wissenschaftliche Expertise mit praxisorientierter Umsetzung. Mit ihrem Unternehmen The Future Company widmen sie sich dem Thema Future Skills – und haben dafür gemeinsam den Future Skills Navigator entwickelt: ein Werkzeug, das Führungskräfte und Organisationen dabei unterstützt, Zukunftskompetenzen zu erkennen, gezielt zu fördern und strategisch weiterzuentwickeln.